Der Ostseeküstenradweg gehört zu den schönsten und bekanntesten Radstrecken Europas. Trotzdem war er mir bis vor Kurzem eigentlich nicht bekannt… zumindest nicht namentlich. Obwohl wir schon öfter ein Stückchen darauf mit unseren Fahrrädern unterwegs waren – aber eben, ohne zu wissen, dass wir unsere kleinen Tagestouren entlang der Ostseeküste auch auf Radwegen des EuroVelo-Netzwerks machten, das aus insgesamt 17 Fernradwegen in Europa besteht.
Wir haben das Glück, die Ostsee und die Lübecker Bucht quasi vor der Haustür zu haben. Das haben wir schon immer gern für Wochenendtrips mit oder ohne die Wohndose genutzt. Und seit Stephan unter die Kitesurfer gegangen ist, sind wir mehrmals im Jahr auf Fehmarn. Auch am Timmendorfer Strand oder auf ein Fischbrötchen im Hafen Niendorf sind wir regelmäßig. Und wir lieben ausgedehnte Spaziergänge an der Brodtnener Steilküste. Vol all diesen wunderbaren Orten an der schleswig-holsteinischen Küste erzähle ich euch auch noch in Teil 2 der Perlen entlang des Ostseeküstenradwegs.
Die Fahrräder sind dann natürlich meistens dabei. Doch ich muss gestehen, dass wir (abgesehen von Camping in Prerow) noch nie viel an der mecklenburgischen Ostseeküste unterwegs waren. Dabei sind ein paar malerische und spannende Orte nur einen Katzensprung entfernt. Dass wir da bisher wirklich etwas verpasst haben, konnten wir neulich feststellen, als wir für ein Wochenende im Ostseebad Boltenhagen und der Hansestadt Wismar unterwegs waren.
Es war das letzte warme und ganz wunderbare Sommerwochenende des Jahres – wie gemacht für so einen Wochenendtrip an die Ostsee. Und natürlich hatten wir auch wieder unsere Räder dabei! Was wir bei unserer Tour in einer für uns ganz neuen Ecke der Ostseeküste entdeckt haben, erzähle ich euch heute… und wenn ihr Lust habt, dann schaut euch auch gerne noch mein Highlight mit Impressionen von dem Ostseetrip auf Instagram an.
In Mecklenburgs Schlössern und Gutshäusern lässt es sich herrschaftlich übernachten…
Okay, wir waren ein bisschen spät dran mit unserem Wochenendtrip an die mecklenburgische Ostseeküste nach Boltenhagen und Wismar. Die Saison war noch in vollem Gange und natürlich hatte da keiner auf uns gewartet. Aber manchmal weiß man ja nicht wofür Dinge gut sind…. so wären wir vermutlich normalerweise nicht auf das wunderschöne Gutshaus Parin inmitten des „Klützer Winkels“ für unsere Übernachtung gekommen. Von Boltenhagen ist es in ca. 15 Minuten mit dem Auto oder ca. 40 Minuten mit dem Fahrrad zu erreichen, ländlich gelegen und umgeben von Feldern und kleinen Wäldchen. Unsere Anfahrt führte uns ganz idyllisch durch grüne „Baum-Tunnel“.
Das Gutshaus hat eine lange Geschichte, denn er wurde bereits 1858 erbaut als Herrenhaus der landwirtschaftlichen Pächters gebaut. In der DDR-Zeit wurde es als Wohnhaus für Familien umgebaut und auch nach der Wende als als solches weiter genutzt. Ab 2003 stand es leer und drohte zu verfallen, bis sich 2007 endlich eine Käuferin fand. 2009 wurde das Gutshaus Parin dann als Bio-, Gesundheitshotel mit rein vegetarischer & veganer Küche eröffnet. Das Haus ist quasi die „kleine Schwester“ des Gutshaus Stellshagen und gehört zu einer ganzen Reihe von Schlössern und Gutshäusern, in denen man in Mecklenburg-Vorpommern Urlaub machen kann (mehr Infos dazu findet ihr auch HIER, wenn euch das interessiert).
Viel Zeit hatten wir im Gutshaus Parin nicht, denn wir wollten ja in um Boltenhagen mit dem Rad unterwegs sein. Und auch, wenn mir ganz großer Frostbeule der traumhafte Natur-Pool zum Schwimmen etwas zu kalt war, haben wir unsere Zeit dort sehr genossen. Das Grundstück rund ums Gutstaus und den Teich hat etwas Verwunschenes, mit so vielen Schmetterlingen, die zwischen den Blumen flattern, Fröschen auf den Seerosen und kleine grüne Oasen umrahmt von Bäumen. Und ich habe mir übrigens von Ann-Christin @hafenmaedchen sagen lassen, dass es dort sehr entspannende Wochenend-Yoga-Retreats gibt, die sie schon mehrfach mitgemacht hat.
Für unseren ersten Abend verließen wir also die dortige Idylle, um schon mal Boltenhagen zu erkunden. Falls ihr auch noch nie dort wart, sind hier ein paar Boltenhagen Facts für euch… Das malerische Ostseebad in Mecklenburg-Vorpommern, ist, mit seiner idyllischen Lage zwischen Lübeck (ca. 30 km westlich) und Wismar (ca. 20 km östlich), schon seit dem 19. Jahrhundert ein beliebtes Urlaubsziel. 1803 wurde es zum ersten Mal als Badeort erwähnt, damit ist Boltenhagen tatsächlich einer der ältesten Seebäder in Deutschland. Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts entwickelte sich das ehemalige Fischerdorf zur Sommerfrische und wurde zunehmend von Badegästen besucht. Es entstanden zahlreiche maritime Villen, Pensionen und Hotels, die den typischen Charme des Ortes bis heute prägen und die man natürlich beim Radeln durch Boltenhagen überall bewundern kann.
In Boltenhagen verbinden sich der Charme eines der ältesten Ostseebäder mit der Moderne…
Unser erster Stopp war das Café Lindquist. Das Wetter war hochsommerlich und obwohl man im Café ganz gemütlich drinnen sitzen kann, tummelten sich die Gäste natürlich draußen auf der weitläufigen Terrasse in Lounge Ecken und Strandkörben. Wir auch! In der Auslage konnte man die hausgemachten Kuchen ansehen, für die das Lindquist bekannt ist, aber wir zwei hatten Lust auf etwas Herzhaftes. Wir bestellten Smørrebrød, deutsch auch Smörrebröd, und erwarteten ein paar schnuckelige kleine Stullen. Ich meine ich weiß, dass beim Belag der Brote keine Grenzen gesetzt sind, aber dort galt das offensichtlich nochmal ganz besonders. Bei unserer dänischen Stulle mit hausgebeiztem Matjes blieb wirklich kein Wunsch offen und der Magen alles andere als leer. Puh… köstlich.
Danach war es dringend notwendig nochmal an Bewegung für den Tag zu arbeiten. Aber auch das geht in Boltenhagen richtig gut. Entweder auf dem breiten Radweg, der gleich vor dem Café Lindquist vorbei führt. Oder beim Spazieren auf der (noch ziemlich neuen) höher gelegenen, hölzernen Dünenpromenade.
Die Dünen an der Ostseeküste, einschließlich Boltenhagen, spielen eine zentrale Rolle im Hochwasserschutz, was besonders nach Sturmfluten extrem wichtig ist. Um den Schutz zu verbessern, wurden in Boltenhagen die Dünen erhöht, die den Küstenschutz gewährleisteen und gleichzeitig einen freien Meerblick von der Holz-beplankten 2,2 km langen Promenade ermöglichen. Ein total entspannter Ort zum Flanieren, mit komfortablen Sitzgelegenheiten mit unverwechselbarem Blick auf die Ostsee und Steilküste sowie 17 Plattformen mit Strandhäuschen für die Strandkorbvermietung und zwischendurch immer wieder Zugänge zum feinsandigen Ostsee-Strand. Und dann wäre auch die Seebrücke natürlich nicht zu vergessen, von der man einen völlig unverstellten Blick rundherum hat.
Abendessen zur golden hour im Alten Hafen…
Das Licht im September hat ja immer etwas Magisches. Wir machten uns auf den Weg zum alten Hafen Boltenhagen, denn wir hatten am frühen Abend einen Tisch in einem Fischrestaurant mit Blick auf die kleinen Fischerboote. Wir waren ein bisschen früh dran und spazierten zum Zeitvertreib noch auf dem Steg entlang, wo wir auf einen Fischer trafen, der gerade seinen Fang entlud. Er hatte ganze Reusen voller Strandkrabben an Bord und erzählte uns, dass sich diese Sorte von Krebsen extrem stark vermehrt, weil ihnen der natürlich Fressfeind, der Dorsch, in der Ostsee fehlt.
Wenig später saßen wir mit Blick auf die Fischerhütten bei schönem Spätsommer-Licht und lauschigen Temperaturen an unserem Außentisch im Fischrestaurant Kamerun, direkt am alten Hafen. Das Restaurant und ein dazugehöriger Hofladen mit Fischräucherei gehört dem Boltenhagener Unikat Uwe Dunkelmann, der eigentlich nie Fischer werden wollte. Wie gut, dass ihm das Vorhaben nicht so wirklich gelungen ist, denn sonst hätten wir nicht so einen netten und vor allem leckeren Abend gehabt. Das wäre doch schade gewesen. ;)
Unsere Radtour von Boltenhagen nach Steinbeck…
Am nächsten Tag, nach einem ausgiebigen veggy Frühstück im Gutshaus Parin, haben wir uns dann wieder auf nach Boltenhagen gemacht und hatten unserer Fahrräder für den Tag am Start. Unser Plan: entlang des Ostseeküstenradwegs in Richtung Steinbeck radeln, um im Hofladen & Café der Familie Mann einzukehren. Wir hatten uns sagen lassen, dass es dort täglich frisch gebackene, sehr köstliche Torten und Kuchen gäbe. Und natürlich regionale Spezialitäten im kleinen Lädchen. Da wir am Nachmittag noch ein kleines Picknick an der Steilküste machen wollten, war das doch die beste Gelegenheit für den Einkauf ein paar Leckereien.
Vom Kurpark in Boltenhagen bis zum Steinbecker Hofladen gelangt man über Dorfstraßen, entlang von Feldern und durch kleine Wäldchen in gerade mal 20 Minuten. Also, wenn man nicht an jedem Hölzchen und Stöckchen Halt für Fotos macht…. so wie ich. Kaum angekommen, wurden wir von einer entzückenden, kleinen, dreifarbigen Glückskatze begrüßt. Damit kriegt man mich Cat-Lady ja sowieso schon mal. ;)
Die Kuchen- und Tortenstücke waren gigantisch, also entschieden wir uns, erst einmal ein Stück zu teilen. Denn schließlich wollten wir ja noch Platz für das Strandpicknick lassen. Und der erste Blick in den Hofladen ließ befürchten, dass wir da ‘eh noch Entscheidungsprobleme bekommen würden… bei der großen Auswahl an lokalen Spezialitäten. Wir suchten uns mit Kaffe und Käse-Mandarinen-Kuchen ein Plätzchen im Grünen. Die Kühe auf der Weide sahen uns beim Kuchenessen zu und an einer anderen Ecke des Café Obstbaum-Gartens tummelten sich Gänse und auch fellige Genossen in einem Gehege. Ein bisschen Wildpark-Feeling hatten wir hier gratis zum Kuchen.
Unser Picknick an der Steinbecker Steilküste…
Im Hofladen kauften wir dann schließlich ein kleines Picknick ein (inklusive Weinschorle) und radelten ein Stück zurück, um uns an der Steilküste ein hübsches Plätzchen am Strand zu suchen. Lange mussten wir nicht fahren, denn nur 5 Minuten später hatten wir diesen Platz schon gefunden. Falls es euch interessiert, der Durchgang zum Steinbecker Strand war kurz hinter dem Imbiss Strandnixe mit Weg durch ein kleines Wäldchen (findet ihr auf Google Maps). Dort machten wir es uns gemütlich… der Mann mit Nickerchen. ;)
Die naturbelassene Steilküste Steinbeck erstreckt sich übrigens kilometerweit bis zum schleswig-holsteinischen Priwall. Hier kann man lange Spaziergänge in der wunderschönen, wild anmutenden Natur machen. Ähnlich wie am Brodtener Steilufer zwischen Travemünde und Timmendorfer Strand, wo wir auch schon oft unterwegs waren, weil wir die Landschaft sehrlieben. Unterwegs lassen sich Schätze wie Hühnergötter, Muscheln und Bernstein finden. Dass dieser Küstenabschnitt zu DDR-Zeiten mit Stacheldrahtzäunen, Kontrollstreifen und einer Sperrmauer starkgesichert und in Richtung Priwall geschlossen war, kann man sich glücklicherweise heute nicht mehr vorstellen.
Leider mussten wir diese Naturidylle irgendwann dann wieder verlassen, denn wir hatten tatsächlich noch eine Weiterfahrt nach Wismar am späten Nachmittag auf dem Wochenendplan. Denn Sonntag wollten wir nämlich in der Hansestadt verbringen.
Abends vom Ostseebad Boltenhagen weiter in die Hansestadt Wismar – eine Strecke, die man aucheasy mit dem Fahrrad zurücklegen kann…
Tatsächlich hätten wir die Strecke von Boltenhagen nach Wismar mit dem Fahrrad zurücklegen können. Denn über den Ostseeküstenradwes sind es nur etwa 20 Kilometer zu radeln… entlang einer Mischung aus Küstenlandschaft, Waldgebieten, kleinen Dörfern und tollen Ausblicken auf die Ostsee. Natürlich hätten wir dafür ein bisschen mehr Zeit einplanen müssen, als ein viel zu kurzes Wochenende mit viel zu viel Gepäck. Daher luden wir die Räder auf und fuhren an diesem frühen Abend mit dem Auto nach Wismar.
Aber falls ihr dieses Radstrecke vielleicht irgendwann mal fahren möchtet, hier ein paar Infos dazu: Von Boltenhagen aus führt euch der Ostseeküstenradweg unterhalb der Promenade in Richtung aus dem Ort hinaus in das Naturschutzgebiet Tarnewitzer Huk, einer Landzunge an dem ihr seltene Vogelarten beobachten könnt, wenn ihr Gelegenheits-Ornithologen seid. Von dort aus habt ihr zudem großartige Ausblicke auf die Lübecker Bucht. Der Weg verläuft anfangs teilweise etwas abseits des Strandes, aber ihr fahrt immer durch die Küstenlandschaft. Weiter geht es ins Hinterland durch kleine Dörfer wie Wohlenberg und Klütz, die typisch für die mecklenburgische Ostseelandschaft sind. Man munkelt, dass im Dörfchen Wohlenberg das beste Softeis (z.B. auch eine Sorte mit dem typisch norddeutschen Sanddorn) in der Eisdiele „Island 15/6“ gibt. Wir selbst konnten das nicht überprüfen, aber das nächste Mal steht es definitiv auf unserer Liste.
Falls man das Bedürfnis hat, unterwegs in der Ostsee planschen zu gehen, ist die Wohlenberger Wiek, eine flache Meeresbucht, ganz sicher der richtige Ort. Der Radweg führt in unmittelbarer Nähe am Meer entlang. Als nächstes erreicht ihr die kleinen Küstendorfer Zierow und Hoben, bevor euch dann letzten Kilometer nach Wismar über sanfte Hügel und durch bewaldete Abschnitte führt. Aus der Ferne werdet ihr schon erste Blicke auf die mittelalterlichen Kirchtürme und das Panorama von Wismar werfen können.
Wie gesagt… leider hatten wir für die ausgiebige Tour keine Zeit, aber das nächste Mal wird einfach besser geplant. Jetzt wo wir wissen, wie schön diese Ecke an der Ostsee ist, werden wir ja sicherlich wiederkommen.
Aber jetzt erst mal willkommen in der Hansestadt Wismar!
Erst einmal freuten wir uns auf unsere ganz besondere Unterkunft in der Hansestadt. Wir checkten nämlich in der Herberge „Das Kittchen“ ein… und der Name ist tatsächlich wörtlich gemeint bei diesem Hotel. Das Kittchen ist direkt neben dem imposanten Gebäude des Amtsgerichts hinter der Marienkirche zu finden und war vor seiner neusten Bestimmung wirklich ein Gefängnis gewesen.
Die ehemals zwei Gebäude (erbaut 1506 und 1553) dienten mecklenburgischen Herzögen als standesgemäße Stadtresidenz. Während der Schwedischen Herrschaft von 1648 bis 1803, die überall in der Stadt ihre Spuren hinterlassen hat, änderte such die Nutzung von fürstlich zu weltlich. Um 1890 wurden darin Räume eines Armenhauses errichtet, die dann später ab 1935 als Gefängnis dienten… ab 1992 dann zuletzt als Jugendarrestanstalt. Die historischen Häuser mit ihrer langen, bewegten Geschichte, sind heute denkmalgeschützt… eine Tatsache, die die Umgestaltung zu einer modernen Herberge natürlich zu einer ganz besonderen und auch abenteuerlichen Herausforderung machten. Da am Sonntag Tag des offenen Denkmals war, hatten wir sogar zufällig die Gelegenheit, dem Bauträger und der Architektin bei einem Vortrag über die spannenden restaurierungs- und Umbauarbeiten zu lauschen, die ganze 7 Jahre dauerten. Das Hotel, das erst 2 Monate zuvor geöffnet hatte, war also gerade rechtzeitig für uns fertiggestellt worden…. haha.
Wir bezogen also am frühen Samstagabend unsere „große Zelle“ im Kittchen, immer noch ausgestattet mit der schweren Metalltür und den original Gittern vor dem Fenster, aber dafür noch mit ein paar zusätzlichen (unvergitterten) Ausblicken auf den Turm der Marienkirche. Es war erstaunlich gemütlich und selbst für unser Kiddo wäre noch Platz gewesen. Meine erste Nacht in einem (ehemaligen) Knast, habe ich auf jeden Fall sehr gut schlafend verbracht.
Wismars mittelalterliche & hanseatische Architektur…
Doch zuvor haben wir natürlich erst einmal einen ersten Spaziergang durch die Stadt an den Wismarer Hafen gemacht. Die Golden Hour tauchte die Hansestadt und ihre ganz besondere Architektur in unbeschreiblich warmes Licht. Wismar zählt zu den am besten erhaltenen, mittelalterlichen Städten und hat eine malerische Altstadt, die zu den UNESCO-Welterbestätten gehört. Es war uns klar, dass es einer der letzten Sommerabende des Jahres war und wir genossen unseren Spaziergang über den Marktplatz und durch Kopfstein-gepflasterte Straßen und Gassen sehr. Unser erster Wismar-Besuch hat auf jeden Fall einen ziemlichen Eindruck bei uns hinterlassen. Wir hatten es uns natürlich schon ganz nett vorgestellt, aber dass es uns so sehr dort gefällt, das hat uns ein bisschen überrascht.
Wir bummelten weiter bis zum Hafen und suchten uns dort ein Restaurant zum Abendessen. Auswahl hat man dort am Wasser (und auch anderswo in der Altstadt) tatsächlich genug… in Wismar muss niemand lange mit Hunger herumlaufen, haben wir festgestellt. Und wir taten es auch nicht, sondern aßen Pizza mit Blick auf die Schiffe.
Unser Abend im Hafen und unsere Begegnung mit Nosferatu…
Ein bisschen groggy vom Tag machten wir uns zurück auf den Weg in unsere Kittchen-Zelle. Wir freuten uns ehrlich gesagt schon sehr auf die Kreuzfahrt-Matratzen, die die Herberge bei der insolventen Meyer Werft ersteigert hatte. Es war natürlich mittlerweile dunkel und dann standen da plötzlich zwei überlebensgroße Puppen (samt Puppenspieler*innen) hinter einer Häuserecke in der Altstadt. Wir waren komplett perplex und fasziniert. Ein Stückchen weiter die Straßen hinunter entdeckten wir weitere Puppen beim Spiel und eine große Traube mit Zuschauern. Wir gingen natürlich neugierig hin. Das Publikum war mit Kopfhörern ausgestattet, um der Geschichte, die quasi durch die ganze Altstadt Wismars führt, zu lauschen. So wunderschön und sehr beeindruckend! Ganz zufällig waren wir auf die Nosferatour gestoßen.
Tatsächlich ist Wismar ja DIE Nosferatu-Stadt, weil sie 1922 die Kulisse für den weltberühmten Stummfilm-Horror-Klassiker von Friedrich Wilhelm Murnau „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ mit Max Schreck in der Vampir-Hauptrolle diente. Es kommt also nicht von ungefähr, dass die Freiluftinszenierung der Nosferatour, inspiriert von eben jenem Filmklassiker und der Geschichte des Bram Stroker Romans „Dracula” quer durch die Wismarer Altstadt führt.
Fun Fact… das Finale der Vorstellung fand übrigens eineinhalb Stunden später, mit dem Marienkirchturm als Hintergrund, quasi direkt vor unserem Herbergsfenster statt. Den tosenden Applaus haben wir im Halbschlaf noch wahrgenommen. Bei unserem nächsten Besuch in Wismar steht dieses Spektakel jetzt wirklich ganz oben auf unserer Liste. Und noch ein Fun Fact für euch… eine Bloggerin, die ich schon sehr lange kenne, nämlich Carola von Frische Brise, ist dort als Puppenspielerin dabei. Bei ihr im Blog findet ihr auch immer tolle Tipps aus Wismar und ganz Norddeutschland.
Unser schöner Spätsommer-Tag in Wismar und unsere kulinarischen Entdeckungen rund um die Hafenspitze
Unser nächster (gut ausgeschlafener Tag) begann erst einmal mit einem Frühstück im Kittchen, das sicherlich üppiger ausfiel als zu früheren Knastzeiten. Danach lauschten wir, wie bereits erzählt, noch den Geschichten um den Umbau des ehemaligen Gefängnisses, anlässlich des Tags des offenen Denkmals. Einen Rundgang durch die Herberge gab es auch und wir konnten in ein paar andere Zimmer luschern. Fast alle Räume sind aufgrund der original Gegebenheiten unterschiedlich gestaltet. Von kleineren Doppelzellen bis hin zu Mehrbett-Zellen für bis zu 8 Personen.
Das Wetter war absolut spätsommerlich und es zog uns nochmal auf einen ausgiebigen Bummel durch die Altstadt und durch den Hafen. Die typische Architektur der Hansestadt Wismar ist, wie auch vieler anderer norddeutscher Hansestädte, sehr durch mittelalterliche Backsteingotik geprägt. Hansestädte waren durch den Ostseehandel sehr wohlhabend und das sieht man den Fassaden der massiven und hohen Kaufmannshäusern mit ihren markanten Staffelgiebeln auch heute noch an. Besonders auf dem Markplatz sieht man imposante Beispiele dieser Architektur… mittendrin das berühmte Haus „Alter Schwede“. Zu einer Hansestadt gehören natürlich auch die typischen, Stadtmauern und Tore, die vor Angreifern schützen sollten und die in Wismar ebenfalls noch gut erhalten sind.
Bei unserem Bummel durch den Wismarer Hafen entdeckten wir ein paar kulinarische Schätzchen, die ein bisschen versteckt, ganz neu oder vielleicht einfach auch nicht in jedem Reiseführer zu finden sind. Die Tipps möchte ich euch nicht vorenthalten…
Beim Schlendern über den großen Platz am Hafen fallen natürlich die großen, ehemaligen Speichergebäude in rotem Backstein auf. Sie geben dieser Ecke Wismars tatsächlich etwas Urbanes. In einigen von ihnen befinden sich auch Ferienunterkünfte mit grandioser Aussicht und eine großen Auswahl von Restaurants unten. In einem davon waren wir ja am Vorabend essen. Beim Schlendern fiel uns aber in zweiter Reihe ein großes Schild auf, auf dem ganz schlicht Pommesbude stand . Leute saßen sehr gemütlich davor… wir waren neugierig. Pommes galore! Halunken-Fritten, Chili-Cheese Fritten, was weiß ich für Fritten und… Poutine! An mein Herz!
Also falls ihr nicht wisst, was das ist, erkläre ich es euch gerne. Poutine ist ein bekanntes (das!) kanadische(s) Street-Food Gericht, welches ursprünglich aus der Provinz Québec stammt. Es besteht aus Pommes Frites, Bratensauce ( ja tatsächlich …Gravy) und Käsebruch (Cheese Curds). Das ist sicherlich speziell, aber ich liebe es, seit ich es vor vielen Jahren in Montréal probiert habe. Poutine hat also seinen Weg nach Wismar gefunden, um mich an genau diesem Tag glücklich zu machen. Dafür habe ich sogar das geplante Fischbrötchen über den Haufen geworfen.
Direkt neben der Pommesbude befand sich dafür ein Himmelreich für Süßschnuten: die Schokoladenmanufaktur Chocohelden. Beide Läden gehörten tatsächlich irgendwie zusammen und hätten dennoch nicht unterschiedlicher sein können. Wer als Urlaubssouvenir lieber etwas Süßes mitbringt, anstatt Räucherfisch, der ist bei Anja wirklich in guten Händen. Die Schokoladen-Werkstatt mit gläserner Produktion ist erst im Januar von Boltenhagen nach Wismar gezogen und gehört sicherlich noch zu den Geheimtipps der Stadt. Neben den ganzen fertigen, handgemachten Schoko-Leckereien, die ihr fertig kaufen könnt, habt ihr dort auch die Möglichkeit, eigene Schokoladentafeln aus über 30 verschiedenen Zutaten zusammenzustellen und mit Toppings zu verzieren zu lassen. Ganz viel Liebe und original amerikanische Rezepte aus den 50er Jahren stecken dort auch in den Ice-Shakes. Ein solcher musste allerdings für uns ebenfalls bis zum nächsten Wismar-Trip warten. Die Poutine nebenan war schuld! ;) Dabei schrie der heiße Spätsommertag tatsächlich nach etwas Eisigem. Aber Stephans Magen knurrte auch inzwischen der Magen ein bisschen und wir machten uns auf die Suche nach einem leckeren Fischbrötchen.
Natürlich findet man direkt vorn am Hafeneingang die Möglichkeit, geräucherten Fisch zu kaufen. Schillerlocken hatte ich schon seit meiner Kindheit nicht mehr gegessen (mein Papa mochte die sehr), die mussten also mit… für ein Abendessen zu Hause. Viel netter und auch irgendwie kommunikativer und vor allem lustiger, war eine Fischbude mit Imbiss, die sich links vom Hafenbecken hinter dem Gebäudekomplex verbarg: „Zur Fischerkoppel“ am alten Holzhafen.Wer so richtig norddeutschen Charme und entsprechenden Schnack mag, der sollte dort vorbei gehen. Also wir konnten nicht umhin, dort noch ein bisschen Räucherfisch einzukaufen und Stephan ließ sich ein Fischbrötchen schmecken. Ich leider nicht, ich hatte ja zuvor die Poutine.
Unser Besuch in Wismar neigte sich so langsam dem Ende zu, aber ein Käffchen ging auf jeden Fall noch. Schon am Abend zuvor war uns ein Lokal auf der Wasserseite des alten Holzhafens (also links vom Hafenbecken), direkt am Wasser aufgefallen. Unter großen Schirmen saßen da die Leute ganz gemütlich an der Wasserkante und wir waren tatsächlich ein bisschen bedröppelt, dass wir sooooo kaputt waren und nur noch ins Bett wollten. Aber das war Grund genug, wenigstens noch mal für einen Kaffee und eine kühle Limo tagsüber im Kai Barcafé vorbeizuschauen.
Dort saßen wir noch ein halbes Stündchen im Schatten der Schirme und sinnierten darüber, was wir auf jeden Fall alles machen wollten, wenn wir das nächste Mal nach Wismar kommen. Denn klar war – wir müssen nochmal kommen. Schon allen, weil die Zeit für manche Dinge leider viel zu knapp war. Zum Beispiel für einen Tagesausflug auf die Insel Poel. Im Hafen fuhren nämlich auch die Fähren in Richtung der Ostseeinsel vor Wismars Haustür ab, seit einer Weile sogar die nachhaltige Elektro-Fähre „Adler Nature“. Fahrräder können da auch mitgenommen werden, wie wir feststellten. Hätten wir noch einen Tag länger vor Ort gehabt, hätten wir sicherlich einen Tagesausflug von Wismar nach Poel gemacht und die Insel erkundet.
Doch es war ja leider Zeit, uns so langsam auf den Weg nach Hause zu machen. Uns war jetzt klar…. die wunderschöne Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns liegt mit Boltenhagen genau so vor unserer eigenen Haustür, wie die Schleswig-Holsteinische mit z.B. Fehmarn, Niendorf und Timmendorfer Strand. Und um dieses ebenso schöne Stückchen Norddeutschland geht es im Teil 2 zu den Perlen entlang des Ostsseeküstenradwegs.
Und falls ihr mal eine ähnliche Tour plant – egal ob mit oder ohne Fahrrad – nehmt euch ein bisschen mehr Zeit als wir. Es lohnt sich.
Leserinfo & Transparenz | Der Blogpost ist im Rahmen einer Kooperation mit der Metropolregion Hamburg entstanden. Die redaktionelle Berichterstattung in meinem Blog steht mir dabei völlig frei.
1 Comment
Adam
13. Oktober 2024 at 18:04Das klingt nach einem traumhaften Wochenende! Ich liebe es, wie du die entspannte Atmosphäre und die vielen Highlights entlang des Ostseeküstenradwegs beschreibst. Boltenhagen und Wismar stehen definitiv auf meiner Reiseliste jetzt! Besonders die Mischung aus Natur, malerischen Orten und leckerem Essen, wie das Smørrebrød im Café Lindquist, machen den Trip so besonders. Auch die Steilküste und die Übernachtung im Gutshaus Parin klingen einfach herrlich.